Brunnenbau in Zeiten der Pandemie

Ein Interview mit dem Brunnenbauer Luiz Sikorra

Zigtausende Menschen in Bahia haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Was bedeutet das in Zeiten einer Pandemie? Kaum jemand kann uns diese Frage besser beantworten als unser Brunnenbauer Luiz Sikorra, der gemeinsam mit seinem Team seit mittlerweile mehr als sieben Jahren Brunnen für die Bevölkerung Bahias errichtet.

Luiz, wie ist die aktuelle Corona-Situation in Bahia?

 

Momentan ist die Situation sehr schlimm. Wir befinden uns gerade wieder in einem Lockdown und bis auf Lebensmittelgeschäfte hat alles geschlossen. Obwohl es zurzeit fast immer zwischen 35 und 40 Grad hat und sich das Leben der Menschen dadurch hauptsächlich im Freien abspielt, sind die Fallzahlen aktuell sehr hoch. Die Krankenhäuser sind in unserer Region vollkommen überlastet und können keine Patienten mehr aufnehmen. Dadurch werden auch viele Leute mit anderen gesundheitlichen Problemen nicht mehr behandelt. Dazu kommt, dass viele Betriebe die wirtschaftliche Krise, die durch Corona entstanden ist, nicht überlebt haben und deshalb viele Menschen in den letzten Monaten arbeitslos wurden.

Wie gehen die Menschen mit dieser Situation um?

 

Die Bevölkerung tut ihr Bestes, um diese Zeit zu überstehen. Das Tragen von Masken ist für viele mittlerweile normal geworden und man spürt auf den Straßen deutlich, dass die Leute versuchen, Abstand zu halten und Kontakte zu reduzieren. Die Angst der Menschen hier, sich mit dem Coronavirus anzustecken, ist sehr groß und dadurch sind die meisten automatisch vorsichtiger geworden. Auch ich habe Angst. Ich kenne selbst viele Leute, die an Corona erkrankt sind. Manche davon schwer, manche hatten Gott sei Dank nur leichte Symptome, aber fast alle kämpfen nun schon länger mit Folgebeschwerden. Ich habe ein schwaches Herz und zähle somit zur Risikogruppe, deshalb bin ich besonders vorsichtig und halte mich strikt an alle Schutz- und Hygienemaßnahmen. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit dazu habe. Denn die traurige Realität hier in Bahia ist, dass viele Menschen nicht einmal genug sauberes Wasser haben, um sich die Hände zu waschen.

Kinder in einem Dorf
Dank euch können wir helfen!
Ein neuer Brunnen

Inwiefern spürst du die momentane Krise in der täglichen Arbeit als Brunnenbauer?

 

Im Moment ist es sehr schwer, das benötigte Material zu bekommen. Firmen, die uns früher beliefert haben, existieren nun nicht mehr. Außerdem fehlen oft die Rohstoffe für die Produktion und es kommt zu deutlichen Lieferverzögerungen. Unsere Brunnen können wir trotzdem bauen, das ist nicht das Problem. Sorgen bereitet mir eher, wie stark die Materialkosten für einen Brunnen in den vergangenen Monaten dadurch gestiegen sind. Zum Beispiel haben die Rohre, die wir verwenden, vor Corona noch 63 Real das Stück gekostet. Jetzt müssen wir 110 bis 120 Real für dasselbe Rohr bezahlen. Und das obwohl der Zugang zu sauberem Wasser jetzt wichtiger ist als je zuvor. Mein Team und ich spüren immer mehr die Verzweiflung der Menschen, die noch auf Wasser aus verunreinigten Quellen angewiesen sind. Sie haben Angst. Nicht nur vor Corona, sondern auch vor den vielen Krankheiten, die durch das verschmutze Wasser übertragen werden können. In einer Zeit wie dieser, in der unsere Krankenhäuser völlig überlastet sind, ist diese Situation vor allem für Kinder, alte und geschwächte Menschen besonders gefährlich.

Brunnenbau in Zeiten der Pandemie
Brunnenbau in Zeiten der Pandemie
Ein neuer Brunnen

Welche Rolle spielt der Brunnenbau in dieser Zeit?

 

Unsere Arbeit war schon immer wichtig und hat im Laufe der Jahre dazu beigetragen, das Leben vieler Menschen zu retten. Sicheres Wasser ist überlebensnotwendig und es ist eine Schande, dass es im 21. Jahrhundert immer noch so viele Menschen gibt, die keinen Zugang dazu haben. Durch Corona ist unsere Arbeit allerdings noch dringender geworden, denn für die Eindämmung des Pandemiegeschehens ist es eine Katastrophe, dass so viele Menschen hier einfach kein Wasser haben, um die einfachsten Hygienemaßnahmen umsetzen zu können. Es wäre wichtig, dass so viele Menschen wie möglich so schnell als möglich genug sauberes Wasser zur Verfügung haben, um sich und andere schützen zu können. Wir verteilen auch kostenlos Seifen an jeden, der sie benötigt und halten Hygieneschulungen, um die Leute unter anderem über richtiges Händewaschen aufzuklären. Dank der Menschen, die unsere Arbeit durch Spenden an die Greenfinity Foundation unterstützen, konnten wir seit Projektbeginn bereits 346 Brunnen errichten und in den letzten Monaten auch unzählige Seifen verteilen.

Gibt es etwas, das du den Spenderinnen und Spendern gerne sagen möchtest?

 

Ja! Es ist mir wichtig, mich an dieser Stelle persönlich bei jeder einzelnen Spenderin und jedem einzelnen Spender zu bedanken. Euer Beitrag hilft uns hier in Bahia sehr! Wir finanzieren den Brunnenbau ausschließlich durch Spenden und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie viel schlimmer die Situation hier jetzt wäre, ohne die vielen Brunnen, die wir in den letzten Jahren dank euch bauen konnten. Ich weiß nicht ob ihr euch vorstellen könnt wie viel eure Hilfe den Menschen hier bedeutet. Aber ich hoffe ihr wisst, dass ihr Leben rettet!

Luiz Sikorra, der Brunnenbauer der Greenfinity Foundation
Luiz Sikorra auf dem Weg in ein Dorf